Vor wenigen Tagen suchte die in der Wendezeit nach Ungarn ausgewanderte Aniko Halmai via „Alles Mahlsdorf” nach ihrer Mahlsdorfer Pflege-Mama (siehe Link am Ende des Artikels), gut 50 Jahre hatte sie diese nicht gesehen. Einen Namen oder eine Adresse hatte sie nicht mehr, einzig ein altes Foto war ihr geblieben. Hundertfach wurde der Artikel in den sozialen Medien geteilt – bis das Telefon der „Alles Mahlsdorf”-Redaktion klingelte. „Guten Tag, ich bin die gesuchte Pflege-Mama”. Das Weihnachtswunder ist perfekt.
„Ich bin überwältigt”, so die Pferdetrainerin, die mit ihrer Familie auf einer Reitanlage in der Nähe der ungarischen Hauptstadt Budapest lebt. Und auch ihre Pflege-Mama aus der Zeit zu Beginn der 1970er-Jahre sagt: „Man hat mir mit 71 Jahren ein wunderschönes Weihnachtsgeschenk gemacht.” Obwohl sich die beiden fast fünf Jahrzehnte lang nicht gesehen haben, haben sie sich nie vergessen. Die Bindung war eng. Margit Hoffmann, so heißt die Pflege-Mama, erinnert sich: „Von Beruf bin ich Postfacharbeiterin, aber meine Liebe zu Kindern brachte mich dazu, im September 1970 ein Kind in Tagespflege zu nehmen. Da Anikos Mutti durch ihre Tätigkeit beim Fernsehen oft unregelmäßige Arbeitszeiten hatte, gab es keine Möglichkeit, die kleine Maus in eine Krippe zu geben. Also musste eine andere Lösung her.”

Anikos leibliche Mutter Juliane Siebert bekam die Adresse über die Säuglingsfürsorge. Aufgrund der damaligen Wohnungsknappheit lebte Margit Hoffmann mit ihrem Mann noch bei ihren Eltern in der Waldowstraße. Auch ihre Mutter hatte bereits einen kleinen Jungen in Tagespflege. „Da ich ein absoluter Kindernarr war und selbst leider noch kein Kind hatte, fand ich diese Möglichkeit großartig. So konnte ich einer Mutti helfen und einem Kind meine ganze Liebe schenken.” Mit Aniko Halmai landete sie einen Volltreffer. „Als ich den ersten Blick in den Kinderwagen warf, war ich sofort begeistert. Da strahlten mich zwei tiefblaue Augen an, die von einem dichten Kranz tiefschwarzer, ellenlanger Wimpern umgeben waren. War die Kleine süß!”
Aniko Halmai war damals fünf Monate alt. Margit Hoffmann: „Unsere Pflegekinder waren nicht nur Pflegekinder. Sie gehörten zur Familie. Aniko nannten wir liebevoll Schnuppi.” Mit dem zwei Jahre älteren Jungen, der ebenfalls zum großen Teil bei den Hoffmanns lebte, verstand sich die kleine Aniko blendend, sie waren wie Geschwister.

Zerrissen wurde das zusammengewürfelte Glück im Jahr 1972. Aniko Halmais Mutter wechselte den Arbeitsplatz und konnte ihre Tochter in eine Krippe geben. Margit Hoffmann zog kurz darauf in den Prenzlauer Berg – man verlor sich aus den Augen. Aber nicht aus dem Kopf. Als Margit Hoffmann schwanger wurde, stand der Name ihrer leiblichen Tochter schnell fest. „Mir gefiel irgendwann kein Name mehr. Da schlug meine Mutti vor: Wie wäre es denn mit Aniko? Das war’s! Genau! Warum bin ich nicht gleich darauf gekommen? Das ist ein wunderschöner Name. Außerdem erinnerte er uns an unsere Schnuppi.”
Oft wurde bei Familie Hoffmann, Tochter und Mama leben mittlerweile seit rund 30 Jahren in Marzahn, von Aniko Halmai erzählt. Jetzt kann man nach 50 Jahren endlich wieder miteinander sprechen. Ein Weihnachtswunder made in Mahlsdorf.
Hier unser erster Bericht über die Suche: https://alles-mahlsdorf.de/nach-50-jahren-mahlsdorfer-auswanderin-sucht-ihre-mahlsdorfer-pflege-mama/
