Ab August: Mahlsdorfer starten Schule ohne Fächertrennung und Noten, aber mit ganz viel Freiraum

Im August 2019 berichteten wir auf unserer Facebook-Seite „Mahlsdorf LIVE“ erstmals über die Idee zweier Mahlsdorfer Mütter, in unserem Ortsteil eine eigene freie Schule zu gründen. Nun nimmt das Projekt konkrete Formen an. Im kommenden August startet die Schule „Miwa“ des Vereins „Miteinander wachsen“ mit zehn Kindern und einem sehr freien Lernkonzept – ohne die in „normalen“ Schulen übliche Trennung von Fächern, ohne Zensuren und mit einer veränderten Rolle von Lehrer- und ErzieherInnen, die eher Begleiter und Partner denn strikte Wissensvermittler sein sollen. „Die Schüler haben das gleiche Stimmrecht wie Lehrer und Eltern“, so Vivian Kammholz, stellvertretende Vereinsvorsitzende gegenüber „Alles Mahlsdorf“. Allerdings gibt es noch eine Menge zu tun. Alles Mahlsdorf beantwortet die wichtigsten Fragen:

Wer gründet die neue Schule? Die Idee hatten die zweifache Mutter Vivian Kammholz (betreibt die Marktschwärmerei in Mahlsdorf) und ihre Freundin Stefanie Nosek. In dem neu gegründeten Verein sind ebenso Eltern aus Kaulsdorf, Petershagen und Birkenstein aktiv.

Welches Konzept gibt es? „Im Vordergrund steht die persönliche Entwicklung des Kindes“, so Vivian Kammholz. In der Schule soll es Lernbegleitung statt Frontalunterricht geben, Zensuren werden nicht erteilt, es wird alters- und fachübergreifend gelernt und die Persönlichkeiten der Kinder sollen dadurch gestärkt werden, dass sie die Möglichkeit der Mitentscheidung erhalten. Im Konzept heißt es dazu: Man wolle „einen Lernort schaffen, an dem ihre Kinder ihr subjektives inneres Curriculum verfolgen können. Damit baut die Demokratische Schule Mahlsdorf auf die Kindergartenkonzepte des Stadtteils auf, welche sich zunehmend in Richtung „Offene Arbeit“ entwickeln und somit den Kindern persönliche Unabhängigkeit zusprechen sowie das Nachgehen individueller Lerninteressen ermöglichen.“

Wie groß wird die Schule? Das große Ziel ist der Aufbau einer Gemeinschaftsschule von der Schulanfangsphase bis hin zu Jugendlichen. Die ersten zehn Kinder die in einer Gruppe ab Sommer unterrichtet werden, sind zwischen sechs und neun Jahren alt. Mittlerweile gibt es aber schon gut 40 Interessenten vor allem jüngerer Kinder.

Ist ein solches Konzept erlaubt? Ja. Ungewöhnlich sind freie Schulen in Berlin nicht, rund 27.000 Kinder und Jugendliche besuchen eine allgemeinbildende Schule in freier Trägerschaft. Allerdings muss die „Miwa“ von der Senatsverwaltung genehmigt sein. Der Verein hofft, dass der eingereichte Antrag spätestens im Februar bewilligt ist.

Wo befindet sich die Schule? So lange die Genehmigung noch nicht da ist, kann der Verein keinen Mietvertrag unterschreiben. Derzeit sind die Eltern mit den Vermietern mehrerer Räumlichkeiten im gesamten Bezirk in Verhandlungen, unter anderem als Untermieter in einer Berufsschule. Denn es droht ein weiteres Problem: Waren die gemieteten Räume vorher keine Schule, muss eine Nutzungsänderungserlaubnis beim Bezirksamt beantragt werden.

Wer unterrichtet? Die Vorgabe ist, dass mindestens eine Lehrkraft mit dem zweiten Staatsexamen die Kinder unterrichtet. „Wir benötigen für den Start mindestens zwei Lehrkräfte und eine Erzieherin oder einen Erzieher.“ Eine Interessentin etwa lebte lange in Neuseeland und möchte Teile der dort kennengelernten Arbeit in einer Schule in freier Trägerschaft nach Berlin bringen.

Wie wird das Ganze finanziert? Die Mitglieder des Vereins, also die Eltern der SchülerInnen, finanzieren über ihre Beiträge das Projekt, also etwa Miete, Personal- und Materialkosten. Wie hoch dieser Betrag genau sein wird, ist noch unklar. 400 Euro monatlich sollen jedoch nicht überschritten werden, auch ist eine einkommensabhängige Finanzierung denkbar. Zudem soll nach der Schulgenehmigung ein Kreditantrag bei der GLS-Bank eingereicht werden. Diese hat spezielle Instrumente zur Finanzierung von Schulgründungen entwickelt. Ein Kredit wird dort etwa durch viele individuelle Klein-Bürgschaften abgesichert. Bürgen können unabhängig von Einkommen und Vermögen eine Bürgschaft zwischen 500 Euro und 3.000 Euro übernehmen – das Geld wird dann über die GLS an die Schule weitergeleitet. „Umso mehr Bürgen wir finden, desto geringer könnte natürlich auch der monatliche Schulbetrag werden.“

Wie geht es nun weiter? Vor allem mit dem Warten auf die Genehmigung. Auch sucht der Verein weitere Mitglieder für den Gestaltungsprozess der Schule und der Elterninitiative. „Wir brauchen jeden Kopf, jeden Gedanken, jedes Know-how“, so Vivian Kammholz. Weitere Informationen finden Sie unter https://miwa.schule/

Der Verein „Miteinander wachsen“ um Vivian Kammholz (Mitte) stellte sich im Sommer beim Familienfest auf dem Durlacher Platz vor. Foto: privat

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