Am Montag geht’s los: Mahlsdorfer Eltern haben eine Schule gegründet

Die Demokratische Schule „miwa“ verfolgt ein ganz eigenes Konzept. Es gibt keine Noten und keinen Frontalunterricht. Die Kinder bestimmen selbst, was sie wann, wo, wie und mit wem lernen. Unterstützt werden sie dabei von Lehrern und Erziehern, die sich eher als Lernbegleiter verstehen. Drei Jahre lang haben Mahlsdorfer Eltern für dieses Projekt gekämpft (wir berichteten mehrfach). Jetzt kann es endlich losgehen. Weil sich hier im Kiez partout keine geeigneten Räume fanden, wird die Schule in Marzahn eröffnen. Aber was nicht ist, kann ja noch werden, denn der Name des Elternvereins „miteinander wachsen“ soll Programm sein.

Vivian Kammholz und Stefanie Nosek haben es geschafft. Als die Senatsbildungsverwaltung am 24. Januar endlich grünes Licht für die Schule gab, waren Freude und Erleichterung riesig. Groß gefeiert werden soll aber erst im Sommer. Zunächst einmal liegt der volle Fokus aller Mitstreitenden auf einem erfolgreichen Schulstart in den Räumen an der Karl-Holtz-Straße, wo die landeseigene Degewo ein neues Quartier hochgezogen hat. Bis zuletzt wurde geschuftet, damit sich die zunächst 15 Kinder zwischen sechs und elf Jahren in ihrer Schule wohlfühlen. „Die Eltern sind total engagiert und packen fleißig mit an. Ein Papa richtet zum Beispiel die komplette IT ein und eine Mama hat uns ihren Kaffeevollautomaten zur Verfügung gestellt. Sie trinkt jetzt Tee“, sagt Vivian Kammholz und lacht.

 

Nach drei Jahren zieht die Schule noch mal um

„Wann kommt ihr nach Mahlsdorf?“ soll die am häufigsten gestellte Frage der vergangenen Tage gewesen sein. Natürlich hätten sie die Schule gern in ihrem Heimatkiez aufgebaut, sagt Vivian Kammholz. Das wäre nicht nur für sie, Stefanie Nosek und die Söhne der beiden (7 und 9) bequemer gewesen, sondern für viele andere Eltern auch. Ein Großteil der Kinder kommt aus dem Marzahn-Hellersdorfer Siedlungsgebiet. Doch hier fand sich weder eine geeignete und bezahlbare Immobilie, die den hohen Anforderungen an Schulgebäude entsprach, noch ein Grundstück, auf dem Schulcontainer hätten aufgestellt werden können.

Mit dem Aus für den geplanten Mahlsdorfer Bildungscampus auf dem Gelände hinter Porta zerschlug sich eine weitere Option. Aber aufgeben kam für die engagierten Eltern nicht infrage. Die fünf Räume im zweiten Obergeschoss der Karl-Holtz-Straße 6 sind erst einmal eine Übergangslösung. Sie gehören einer anderen Privatschule, die den Platz erst in drei Jahren benötigt. Dann heißt es noch einmal umziehen. Im geplanten Quartier auf dem Knorr-Bremse-Areal wurden dem Schulverein in einem denkmalgeschützten Bestandsgebäude Räume in Aussicht gestellt. „Da wollen wir gern hin, halten unsere Augen aber weiter offen.“

 

Kein Kind soll durchs Raster fallen

Überfüllte Klassen, vorgegebene Lernstrukturen, Leistungsdruck, Noten, Hausaufgaben, strenge Fächertrennung und Lehrkräfte, denen immer mehr Aufgaben übergeholfen werden: Vivian Kammholz und Stefanie Nosek haben die „miwa“-Schule unter anderen gegründet, weil sie die Schullandschaft im Bezirk erweitern wollen. Es gebe viel mehr Potenzial, Kinder beim Lernen zu begleiten, als das aktuell an Regelschulen der Fall sei, sagen sie. Vor allem kritisieren die beiden, dass Kinder, die nicht mit dem Strom schwimmen oder Schwierigkeiten haben, viel zu schnell durchs Raster fallen: „Ich finde es erschreckend, wie vielen Eltern wir im Laufe der drei Jahre begegnet sind, bei denen es hieß, ihr Kind sei nicht beschulbar“, moniert Stefanie Nosek und berichtet von einem Erstklässler, der wegen Fremdgefährdung nach einem halben Jahr von der Schulpflicht befreit wurde. Ähnliche Geschichten – etwa von einer Achtjährigen mit autistischen Zügen – kann auch Vivian Kammholz erzählen. „Das sind längst keine Einzelschicksale mehr“, findet sie.

Erste Innenansichten der Schule finden Interessierte auf dem Instagram-Profil von „miwa“.  

 

Selbstbestimmt Lernen

Zu den pädagogischen Grundsätzen der „miwa“-Schule gehört, dass jedes Kind ein Recht auf Bildung hat, bildungsfähig ist und über eine einzigartige Persönlichkeit verfügt, die es zu fördern gilt. Die Lerninhalte des Rahmenplans für Grundschulen sind die gleichen, aber der Weg zum Ziel ist ein anderer. In dem sehr offenen Unterrichtskonzept steckt viel Maria Montessori drin: Gelernt wird in altersgemischten Lerngruppen und verstärkt in fächerübergreifenden Projekten. Ihren Wochenplan können die Kinder selbst erstellen. „Es ist auch nicht festgeschrieben, ob sie am Tisch sitzen oder auf dem Fußboden. Das können sie selbst entscheiden“, erläutert Vivian Kammholz. Als Schulleiter und Lernbegleiter konnten die engagierten Eltern einen erfahrenen Lehrer mit zweitem Staatsexamen gewinnen, der schon 13 Jahre lang an einer freien Schule gearbeitet und diese mit aufgebaut hat. Für die neue berufliche Herausforderung zieht er extra aus Mainz nach Berlin.

 

Schule will weiter wachsen

Als freie Schule ist „miwa“ auf die finanzielle Unterstützung durch die Familien der Kinder angewiesen. Das Schulgeld ist einkommensabhängig. Die Eltern entscheiden selbst, was sie leisten können. Der Mindestbetrag liegt bei 100 Euro. „Um den Schulbetrieb am Laufen zu halten, müssten durchschnittlich etwa 200 Euro zusammenkommen“, erklärt Vivian Kammholz. Zumal die Schule in den ersten fünf Jahren keinerlei öffentlichen Zuschüsse erhält. Lehrer- und Erziehergehälter, Miete, Betriebskosten, Lernmaterial – das alles will finanziert werden. „Wir leben aktuell von einem Kredit, den wir irgendwann mal zurückzahlen müssen.“ Wer das innovative Schulprojekt der Mahlsdorfer Eltern unterstützen möchte, kann zum Beispiel Fördermitglied im Verein werden oder aufs Spendenkonto einzahlen. Eine Sachspendenliste wird noch erstellt.

Nach den großen Sommerferien werden in der Schule zehn weitere Kinder aufgenommen. Die Nachfrage ist groß. „Wir sind oft traurig, wenn wir Eltern absagen müssen“, verrät Stefanie Nosek. Damit das mit dem Wachsen noch schneller gehen kann, braucht es weitere Lehrkräfte und Erzieher. Auch die Zusammenarbeit mit Ergo-, Logo- und Physiotherapeuten wird angestrebt. Ohnehin gehen dem Verein die Visionen nicht aus. Die Mitglieder können sich perspektivisch gut vorstellen, mit einer Zweigstelle einen noch größeren Beitrag zum Ausbau des Schulplatzangebots im Bezirk zu leisten. Und dann ist da noch der Traum von einer Kita …

 

Infos auf: https://miwa.schule

 

Spenden per Paypal:

paypal@freie-schule-mahlsdorf.de

 

Spenden per Überweisung:

miteinander wachsen e.V.

IBAN: DE06 4306 0967 1048 3835 00

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