2021 wird ein sogenanntes Super-Wahljahr. Neben zahlreichen Landtagswahlen und der Abstimmung zum Bundestag findet in genau einem Jahr die Berlin-Wahl statt, die Hauptstadt bestimmt ihre Vertreter für das Abgeordnetenhaus. 2016 machte Rot-Rot-Grün das Rennen. Und im kommenden Jahr? Schon heute gibt es Berechnungen, wie diese Wahl ausfallen könnte. Auch für Mahlsdorf. „Mahlsdorf LIVE“ wagt einen spekulativen Blick in die Glaskugel.
Wie ist die Prognose für Mahlsdorf? Die Datenanalysten von „Wahlkreisprognose.de“ erstellen anhand demoskopischer Trends, Umfragen und der Analyse von Sozialstrukturen, Milieubindung, historischem Wahlverhalten, Wahlmobilisierung und Stimmensplitting Prognosewerte. Natürlich ist dies ein Geschäftsmodell und Wahlen sind nie zu 100 Prozent vorhersehbar, allerdings folgt die Methode mathematischen Modellen – und lag bei vergangenen Wahlen erstaunlich nah am tatsächlichen Abstimmungsergebnis. Für Mahlsdorf ist bislang ein klarer Sieg der CDU vorhergesagt. Das ist wenig überraschend, schließlich holte der derzeitige Mahlsdorfer Wahlkreisabgeordnete Mario Czaja vor vier Jahren fast jede zweite Stimme (47,2 Prozent) in unserem Ortsteil.
Wie sieht es im gesamten Bezirk aus? Bitter. „Wahlkreisprognose.de“ sieht in drei Wahlkreisen, nämlich Ahrensfelde/Marzahn- und Hellersdorf-Nord sowie Hellersdorf-Süd/Kaulsdorf-Nord die AfD leicht vorn. In Marzahn-Mitte zeichnet sich ein enges Rennen zwischen Linke und AfD und in Biesdorf zwischen Linke und CDU ab.
Was würde ein solches Ergebnis für Marzahn-Hellersdorf bedeuten? Erst einmal, dass die AfD der Sieger im Bezirk wäre. Und damit das Vorschlagsrecht für den Bezirksbürgermeister hätte.
Wird Mahlsdorf also bald von einem AfD-Bürgermeister regiert? Unwahrscheinlich. Dass Linke, Grüne oder SPD einen solchen wählen würden, dürfte ausgeschlossen sein. Und auch die CDU wird sich trotz allen Machtanspruches diese Blöße wohl nicht geben. Zumal sich aus den Reihen der AfD keiner hervortut, der auch nur ansatzweise das Zeug oder die Qualifikation hätte, die Probleme des Bezirks in Angriff zu nehmen. Thomas Braun, bislang stellvertretender Bürgermeister der AfD im Bezirk und zuständig für Bürgerdienste, gilt zwar entgegen vieler „verschwurbelter“ Parteikollegen aus dem Bezirk als umgänglich, fiel bislang vor allem durch eines auf: Abwesenheit. Initiativen, Vorschläge, Lösungen, Gedanken, Ideen, Impulse, was auch immer hätte Marzahn-Hellersdorf voranbringen können, blieben trotz seiner Position aus.
Also was dann? Es könnten etwa Linke und CDU zusammenarbeiten und eine Zählgemeinschaft bilden. Dann hätte die bisherige Bezirksbürgermeisterin Dagmar Pohle von den Linken gute Chancen, denn ihr Verhältnis zu den Bezirks-Chefs der CDU, Mario Czaja und Christian Gräff, gilt als gut. Man schätzt sich gegenseitig, immer wieder fällt von beiden Seiten das Wort „verlässlich“. Allerdings gibt es bei dieser Konstellation zwei Probleme: Bei den Linken im Bezirk hören einige, die in der Hierarchie oben stehen und mit den Marzahn-Hellersdorfer CDU-Verantwortlichen gut konnten, nach dieser Legislatur auf. Und dass die nachrückenden jüngeren Linken, die dann noch mehr als jetzt zu Wortführern werden, etwa Björn Tielebein oder Kristian Ronneburg, Arm in Arm mit Gräff und Czaja arbeiten, ist schwer vorstellbar. Das zweite Problem: Dagmar Pohle wurde vor zwei Jahren 65 Jahre alt. In ihrer Position fällt sie unter das Beamtengesetz und darf aus Altersgründen theoretisch gar nicht noch einmal antreten – allerdings könnte es Kniffe geben, die eine erneute Wiederwahl trotz des Alters möglich machen.
Und was, wenn Pohle (aus welchen Gründen auch immer) nicht noch einmal antritt? Dann wäre wohl Juliane Witt, derzeit Stadträtin für Soziales, erste Bürgermeister-Kandidatin. Allerdings bekommen selbst Mitglieder ihrer eigenen Partei, der Linken, bei diesem Gedanken Magengrummeln. Sollte die CDU einen Kandidaten ins Rennen werfen, dürften entweder der ehemalige Bau-Stadtrat Christian Gräff aus Biesdorf (sofern er nicht wieder ins Abgeordnetenhaus möchte) oder die derzeitige Verkehrs-Stadträtin Nadja Zivkovic die aussichtsreichsten Kandidaten sein.
Zurück zu Mahlsdorf. Wird der derzeitige Wahlkreisabgeordnete Mario Czaja wieder antreten? Das ist noch offen. Gemunkelt wird, dass er die Berliner Landespolitik verlassen möchte und Ambitionen auf einen Platz im Bundestag hätte. Er selbst äußert sich dazu nicht. Vor November, wenn die CDU in Berlin ihre Kandidaten sortiert hat, dürfte keine Entscheidung fallen.
Wie wird Mahlsdorf wählen? Höchstwahrscheinlich ist in unserem Ortsteil die CDU aufgrund der Sozialstruktur (viel Eigentum, hoher Bildungsgrad, viele Wähler deutlich über 50, viele Selbstständige) schwer zu schlagen, ganz egal wer der Kandidat ist. Sicher ist aber auch: Mahlsdorf wählt immer grüner, das hat die Europawahl im Jahr 2019 gezeigt, als die Grünen mit gut 17 Prozent die zweitstärkste Kraft in Mahlsdorf wurden.
Sind wirklich so viele Menschen in Marzahn-Hellersdorf AfD-Wähler? Jein. In Mahlsdorf holte die AfD 2016 insgesamt 4000 Stimmen. Beängstigend genug, aber bei dieser Wahl vor vier Jahren spielten die Emotionen rund um die Flüchtlingsthematik eine große Rolle. Mittlerweile ist der Partei diese Startgrundlage entzogen, denn die Integration der Menschen klappte gut, weitere Inhalte spielen bei der AfD offenbar keine Rolle und sie schafft es nicht nur in Marzahn-Hellersdorf nicht, andere Themen zu besetzen – außer vielleicht beim Thema Verkehr. Wobei es hier auch immer nur das „Hauptsache dagegen“-Prinzip gibt. Eigene Vorschläge wie Pendler-Staus vermieden, der öffentliche Nahverkehr verbessert, die Infrastruktur ausgebaut oder gar die Verkehrswende geschafft werden könnte, gibt es nicht. Zurück zu den 4000 Stimmen. Während die Rechtspopulisten in Mahlsdorf damit keine Rolle spielten, holten Gunnar Lindemann und Jessica Bießmann mit ziemlich genau der gleichen Anzahl an Stimmen (die Anzahl der Wahlberechtigten ist in jedem Wahlkreis ungefähr gleich) das Direktmandat und zogen ins Abgeordnetenhaus an.
Woran liegt das? Während sich in Mahlsdorf rund 80 Prozent an der Berlin-Wahl beteiligten, waren es in den Großsiedlungen nur rund 60 Prozent. Dass eine geringe Wahlbeteiligung gerade die politischen Ränder stärkt, ist eine Binsenweisheit. Und: Gerade in der „Platte“ verliert die Linke – die Stimmen gehen zumeist aus Protest Richtung AfD. Das Motto gerade vieler älterer Wähler oftmals: „Mit meiner Stimme und dem Kreuzchen des Protests, zeige ich es denen da oben jetzt mal“. Das ist zwar inhaltlich fragwürdig, demokratisch aber völlig okay. Jedenfalls besser, als am Wahlsonntag zu verweigern. Denn wer nicht wählt, entscheidet nicht aktiv mit, sondern lässt geschehen. Denn mit Mathematik der 6. Klasse lässt sich schon erkennen, dass mit dieser Einstellung die Parteien profitieren, die man sowieso nicht gewählt hätte. Die Stimme fehlt dann der Partei, die man eigentlich hätte wählen wollen.
Was ist mit FDP und SPD? Die Liberalen spielen im Bezirk eine minimale Rolle. Und auch die SPD verliert massiv, laut „wahlprognose.de“ um fast 12 Prozent. Der sozialdemokratische Schulstadtrat Gordon Lemm, so ist zu hören, würde zwar sein Amt liebend gern weiter bekleiden, allerdings dürfte seine engagierte Arbeit kaum ausreichen um in Marzahn-Hellersdorf sonderlich viele Stimmen zu holen.