17 Jahre lang ging Eintracht Mahlsdorf in Berlins höchster Fußball-Liga auf Torejagd, galt dort als Institution. Nach der pandemiebedingt abgebrochenen vergangenen Saison stieg die Mannschaft vom Rosenhag in die fünfte deutsche Liga, die Oberliga des Nordostdeutschen Fußballverbands (NOFV) auf. Und plötzlich kommen die Gegner aus Rostock, Schwerin, Stendal oder Greifswald. Am kommenden Sonntag, dem 8. August, startet die Spielzeit 2021/22 mit dem Anstoß 14 Uhr gegen den RSV Eintracht aus Stahnsdorf. „Alles Mahlsdorf” gibt einen Überblick.
Die Mannschaft: Schon in der letzten Saison in der Berlin-Liga war die Truppe viel zu stark für ihre Gegner. Nach dem letzten, dem 11. Spieltag, ausgetragen Anfang November, lag Mahlsdorf ungeschlagen mit neun Punkten Vorsprung vor Sparta Lichtenberg auf Platz 1 der Tabelle. Der neue Trainer Simon Rösner (mehr zu dem 45-Jährigen weiter unten) zeigt sich nun mit der bisherigen Vorbereitung sehr zufrieden, „auch wenn natürlich noch nicht alle Abläufe passen”, wie er im „Alles Mahlsdorf”-Interview zugibt. „Aber die Mannschaft entwickelt sich schnell, ist mit großer Motivation bei jedem Training dabei und gibt Vollgas.” Auch der im vergangenen Jahr lange verletzte Kapitän Alexander Möller, der sein Amt in der kommenden Saison an Filip „Pipo“ Krstic (kickte u.a. bereits für Bayern München, den FC Valencia und den AS Livorno) abgibt, zeigt sich gegenüber „Alles Mahlsdorf” optimistisch: „Grundsätzlich ist die Chemie in der Mannschaft gut, wir haben einen breiten Kader und sind hochwertig aufgestellt.” Denn die letztjährige Aufstiegstruppe wurde nochmals verstärkt. Und wie.
Die Neuzugänge: Diese sind schlagkräftig. Der 22-jährige Max Mulack etwa, der von der U14 bis zur U23 bei Hertha BSC ausgebildet wurde. Oder Mittelfeldspieler Rifat Gelici (30), der mit Tennis Borussia Berlin, Energie Cottbus und Union Fürstenwalde bereits reichlich Regionalliga-Erfahrung sammelte. Mit dem 21-jährigen Linksfuß Miralem Ramic aus dem Jugendbereich der Hertha, Torwart-Talent Ertugrul Aktas (21) von TeBe, Michael Demcenko (19) aus der Jugend des Drittligisten Viktoria Berlin und Billo Sanoh (20) vom BFC Dynamo konnten zudem hoffnungsvolle Jungspunde an den Stadtrand gelockt werden.
Der Trainer: Mitte Juni gab es eine faustdicke Überraschung, als sich Mahlsdorf und der Aufstiegstrainer Daniel Volbert trennten. Über die Gründe äußerten sich beide Seiten bislang nicht. Mit Simon Rösner konnte jedoch ein erfahrener Mann an die Seitenlinie geholt werden, der bereits die VSG Altglienicke eine Liga höher hievte und zuletzt bei Türkiyemspor Berlin unter Vertrag stand. Sein Ziel formuliert er so: „Schnellstmöglich den Klassenerhalt sichern. Die Qualität des Kaders und des Vereins ist zu groß, um direkt wieder runter zu gehen.” Simon Rösner will die Eintracht viel mit statt gegen den Ball spielen lassen, legt Wert auf Offensive und Tempofußball.
Die Gegner: Sind amtlich. In der Reserve des Zweitligisten Hansa Rostock stehen zahlreiche ambitionierte Jungprofis, der Greifswalder FC mit Profi Ronny Garbuschewski (spielte für Fortuna Düsseldorf) trifft in der 1. Runde des DFB-Pokals auf den Bundesligisten FC Augsburg. Mit dem SC Staaken und Hertha 03 Zehlendorf kommen starke Berliner Klubs hinzu, die es in die Regionalliga zieht. Zudem erwarten Mahlsdorf beim „Abenteuer Oberliga” in den ersten beiden Wochen bereits fünf Spiele, davon drei gegen Teams aus dem Top 6 des Vorjahres. „Ein brutales Auftaktprogramm”, wie Rösner sagt.
Die Fans: Der Verein hofft zum ersten Spiel auf 200 Zuschauer. Es dürften wohl mehr werden. Der Eintrittspreis beträgt acht Euro, fünf Euro zahlen Vereinsmitglieder. In der neuen Saison gibt es einige Neuerungen. Unter anderem wurde auf der linken Spielfeldseite eine Mini-Tribüne aufgestellt, nach der Begegnung wird es eine Pressekonferenz geben. Am Vereinsheim wurde vor wenigen Tagen ein neuer schmucker Biergarten eröffnet.
Die Zukunft: Alexander Möller, der neben seinem Platz im Mannschaftskader auch zweiter Vorsitzender des Vereins ist, hofft, dass man künftig in der fünften deutschen Spielklasse eine ähnliche Rolle spielen kann wie über lange Jahre in der Berlin-Liga. Damit würde man zur gewichtigen Nummer im Ostteil Berlins werden. Auch wenn das aufgrund der starken Konkurrenz wie eine Mammutaufgabe erscheint. Hochklassigen Amateurfußball gibts im Osten Berlins mit den Regionalligisten VSG Altglienicke, dem BFC Dynamo oder Lichtenberg 47 schließlich reichlich (vom alles überstrahlenden 1. FC Union Berlin in der Bundesliga ganz zu schweigen). Alles Vereine mit starker Finanzkraft, Stadien, vielen Fans und großer Tradition. Dennoch sagt Möller mit Blick auf die kommenden Jahre: „Wir wollen mittelfristig ein Anker in unserer Region sein.” Zu wünschen wäre es der Eintracht. Mit einem Sieg am Sonntag gegen Stahnsdorf wäre der erste kleine Schritt gemacht.