Mario Czaja klingt abgekämpft und erschöpft, als „Alles Mahlsdorf“ ihn am Samstagnachmittag auf seinem Handy erreicht. Als erfahrener Politik-Profi und Ex-Senator sonst um keine klare Antwort verlegen, spürt man, wie der 45-Jährige nach Worten sucht. Mario Czaja hat schwere Stunden hinter sich. Die Berliner CDU hat kurz zuvor ihre Bundestags-Kandidaten aufgestellt, mehrere bekannte Namen landeten ganz oben auf der Liste – Czajas nicht.
Angeführt wird die Landesliste der CDU von Kulturstaatsministerin Monika Grütters, auf Platz zwei und drei folgen Jan-Marco Luczak aus Tempelhof-Schöneberg und Ottilie Klein (Mitte). Czaja hatte sich um Platz 4 beworben, es kam zu einer Kampfabstimmung gegen drei weitere Kandidat:innen, er verlor deutlich. Beim Blick auf das Gesamtergebnis zeigt sich die West-Lastigkeit der CDU. Auf den ersten zehn Plätzen befindet sich kein einziger Kandidat aus Lichtenberg, Pankow und Marzahn-Hellersdorf. „Ich hätte mir mehr Unterstützung seitens der Landespartei gewünscht. Wie bedeutend der Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf ist, wurde leider nicht erkannt“, so Czaja. Es wird davon ausgegangen, dass wohl nur die ersten fünf Plätze für den Einzug in den Bundestag reichen. Alle anderen Kandidat:innen müssen bei der Wahl am 26. September ihren Wahlkreis direkt gewinnen um in das deutsche Parlament einzuziehen.
„Und das will ich, und das werde ich“, sagt Czaja nach mehreren Minuten Gespräch schließlich. Es klingt wie eine Mischung aus Trotz und Kampfgeist. Genau den wird er brauchen. Denn: 21 Jahre vertrat Mario Czaja den Wahlkreis Mahlsdorf/Kaulsdorf im Berliner Abgeordnetenhaus, im Herbst will er den nächsten Schritt gehen und im Bundestag mitmischen („Alles Mahlsdorf“ berichtete). Dafür muss er jedoch in Marzahn-Hellersdorf die meisten Stimmen gewinnen. Bereits seit Monaten konzentriert Czaja deshalb seine Aktivitäten nicht nur auf seine „Heimatdörfer“ Mahlsdorf und Kaulsdorf, sondern zeigt viel Präsenz in den Großsiedlungen Hellersdorf und Marzahn.
Doch die Konkurrenz im Wahlkreis ist stark. Zuletzt gewann hier vier Mal in Folge die umtriebige und beliebte Petra Pau von den Linken, seit 15 Jahren Bundestagsvizepräsidentin. Die Menschen kennen und schätzen sie. Bei der vergangenen Wahl im Jahr 2017 holte Pau mehr als ein Drittel aller Wählerstimmen in Marzahn-Hellersdorf, auch die AfD lag nahezu gleichauf mit der CDU. Für Mario Czaja wird es also ein hartes Stück Arbeit. In Mahlsdorf und Kaulsdorf dürften ihm aufgrund seiner Verbunden- und Bekanntheit viele Stimmen zufliegen, auch im ebenfalls vom Siedlungscharakter geprägten Biesdorf könnte er siegen – für das Direktmandat müsste er aber auch viele Kreuze von zwischen Märkischer Allee und Louis-Lewin-Straße lebenden Menschen ergattern. Doch das riesige Gebiet gilt als Hochburg von Linken und AfD. „Ich werde mit meinem kleinen Team mit aller Kraft versuchen, eine jahrzehntelange Bastion der Linken, quasi die Herzkammer der Linkspartei, zu erobern.“
Was aber passiert, wenn Mario Czaja nicht die meisten Stimmen im gesamten Bezirk bekommt? Bei dieser Frage muss er wieder durchatmen. „Damit beschäftige ich mich nicht ernsthaft. Nach dem Landeslistenergebnis kann ich mich nun voll auf den Wahlkreis konzentrieren. Ohne Parteienzwang, ohne faule Kompromisse.“ Allerdings, und das ist Czaja klar, wäre bei einer Niederlage seine Polit-Karriere (zunächst) vorbei.