Letztes Berliner Wiedehopf-Pärchen lebte in Mahlsdorf: Jetzt ist der Vogel aus der Hauptstadt verschwunden

Zunächst die erfreuliche Nachricht für den prächtigen Vogel Wiedehopf: Vor wenigen Tagen wurde er vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) und dem bayrischen Landesverband für Vogelschutz zum „Vogel des Jahres 2022“ gekürt. An der Wahl beteiligten sich fast 143.000 Vogelfans und stimmten für den Charismatiker mit Federhaube.

 

Was das mit Mahlsdorf zu tun hat? Eine ganze Menge. Denn hier lebte das letzte Wiedehopf-Pärchen Berlins, nun gilt der unverwechselbare Vogel mit seinem langen Schnabel und den orangen Scheitelfedern mit den schwarzen Punkten, die er bei Erregung aufrichtet, in der Hauptstadt als nicht mehr heimisch. „Der Wiedehopf wird ab und zu als Durchzügler in Berlin gesichtet“, erklärt Ansgar Poloczek, Artenschutzreferent des NABU Berlin. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts brütete der prächtige Hingucker sogar im Tiergarten. Nur zwischen 2013 und 2015 gab es Hinweise auf ein Brutrevier in Mahlsdorf.

 

Dieses befand sich in einem Dreieck zwischen B1, Bahndamm, Waldowstraße und der Myslowitzer Straße in Kaulsdorf. Dort brütete laut dem 2015 erschienenen „Berliner ornithologischen Bericht“ (BOB) im Garten eines Einfamilienhauses ein Wiedehopf-Paar in einer Höhle in einem Apfelbaum. Im Jahr 2014 wurden insgesamt 22 Beobachtungspunkte in dem Mahlsdorfer Gebiet erfasst. Der Aktionsraum des Wiedehopf-Paares umfasste eine Polygonfläche von etwa 70 Hektar. 2015 wurde der Wiedehopf auf zwei Grundstücken am Münsterberger Weg beobachtet. „Damit endete die Beobachtungsserie“, heißt es im BOB.

 

Die Faktoren, die für das Vertreiben des Wiedehopfs aus Mahlsdorf gesorgt haben dürften, sind recht deutlich. Der Wiedehopf ist ein Vogel der offenen Landschaften, Waldränder, Streuobstwiesen und Flussauen. Er ist ein Höhlenbrüter, der sowohl in Baumhöhlen als auch in Erdlöchern, ja sogar in künstlichen Hohlräumen nistet. Er ernährt sich hauptsächlich von größeren Insekten und anderen Wirbellosen, manchmal erbeutet er sogar Mäuse oder Eidechsen. Seine Mahlzeiten findet er, indem er mit seinem langen Schnabel am Boden herumstochert. Deshalb ist er offene Flächen mit reichhaltiger Bodenfauna und eher schütterem Bewuchs angewiesen – die es in Mahlsdorf, abgesehen vom Areal rund um die Parler Straße sowie dem Berliner Balkon nicht mehr gibt.

 

„Solche Lebensräume werden durch Bebauung und intensive Landwirtschaft leider immer seltener. Dass der Wiedehopf zudem gerne in den Höhlen älterer Bäume nistet, macht die Sache nicht einfacher“, sagt Poloczek. Trotzdem ist der NABU-Experte optimistisch: „Wenn wir große Brachflächen und Höhlenbäume konsequent schützen und geeignete Nahrungsreviere neu schaffen, könnte sich dieser wunderschöne Vogel durchaus wieder in Berlins Randbereichen ansiedeln.“

 

Insgesamt ist der Wiedehopf in Deutschland selten, jedoch gibt es in Brandenburg und den angrenzenden Bundesländern Sachsen-Anhalt, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern noch ein größeres Vorkommen. Da der wärmeliebende Vogel zudem zu den Gewinnern des Klimawandels zählen dürfte, stehen die Chancen auf eine Rückkehr nicht so schlecht.

Der Wiedehopf ist in Berlin nur noch ein Durchzügler, das letzte in der Hauptstadt brütende Paar wurde in Mahlsdorf bereits seit mehreren Jahren nicht mehr gesehen.

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