Die Anwohner:innen der Markgrafenstraße staunten in den vergangenen Wochen nicht schlecht über das, was da vor ihrer Haustür geschah. In der kleinen Seitenstraße legten Bauarbeiter zwischen Siegfriedstraße und Briesener Weg einen neuen Gehweg an – von Kante zu Kante stattliche 3,30 Meter breit, kein Stück Grünfläche blieb übrig. Ein Anwohner gegenüber „Alles Mahlsdorf“: „Vorher haben wir uns um die Rasenfläche vor unserem Grundstück an der Straße gekümmert, jetzt befindet sich dort nur noch eine komplett den Boden versiegelnde Steinwüste. Nichts gegen neue Gehwege, aber hier laufen übertrieben gesagt drei Menschen am Tag entlang. Man fragt sich schon, für wen dieses Ungetüm geschaffen wurde.“
Warum also dieser „Boulevard“? „Alles Mahlsdorf“ recherchierte: Mit der Umsetzung des Fußverkehrsteils des 2018 beschlossenen Berliner Mobilitätsgesetzes will die Senatsverkehrsverwaltung gemeinsam mit den Bezirken die Bedingungen für Fußgängerinnen und Fußgänger verbessern. Für rund 24 Millionen Euro wurden zehn Modellprojekte festgelegt. So weit, so gut. Im September verschickte jene Senatsverwaltung eine Pressemitteilung, wonach in Marzahn-Hellersdorf, besonders in den Ortsteilen Biesenhorst und Mahlsdorf, Straßen mit neuen Gehwegen ausgestattet werden sollen, insgesamt mehr als 20 Kilometer. Eine stattliche Länge. „Alles Mahlsdorf“ fragte nach, wo genau diese gebaut werden, eine genaue Liste lag der Senatsverwaltung jedoch noch nicht vor. Auch in der vor wenigen Tagen veröffentlichten Antwort auf eine parlamentarische Anfrage des Abgeordneten Kristian Ronneburg teilte die Verkehrsverwaltung mit, dass es immer noch keine konkreten Straßen gäbe. Immerhin aber schon eines der Kriterien, wonach diese Straßen ausgewählt würden: „Ein Kriterium wird „kein Gehweg vorhanden“ sein“, so Staatssekretär Stefan Tidow.
Klar ist: Letztlich legt das Bezirksamt fest, wo die Gehwege gebaut werden. Bei einer Sache pocht der Senat aber auf Umsetzung. Nämlich, dass die Gehwege genauso breit sein müssen, wie im Mobilitätsgesetz festgeschrieben. Dort heißt es: „Die effektiv nutzbare und ohne Hindernisse zur Verfügung stehende Breite der Gehbahn innerhalb der berlintypischen Gehwegstruktur soll ein für das Fußverkehrsaufkommen ausreichendes Maß haben.“ In Berlin baut man neue Gehwege derzeit mit mindestens 2,50 Meter Breite.
Und da wären wir wieder in der Markgrafenstraße mit seinem neuen 3,30 Meter breiten Fußweg. Quasi ein Test-Bauwerk. „Diesen Platz haben wir aber leider nicht überall“, so die für Straßen zuständige Bezirksstadträtin Nadja Zivkovic gegenüber „Alles Mahlsdorf“. Sie hofft auf Einsicht beim Senat, dass eine derartige Breite bei vielen Mahlsdorfer Straßen weder nötig noch realisierbar ist. „Da sind wir noch im Gespräch, ob es auch Ausnahmen geben kann.“ Falls die Verkehrsverwaltung dies ablehnt, entstehen künftig zahlreiche sehr breite Fußwege in Mahlsdorf.
Auch bei der Freigabe der finanziellen Mittel könnte es laut Zivkovic Änderungen geben. Bislang müssen die Bezirke vor dem Neubau eines Gehwegs umfangreiche Bauplanungsunterlagen erstellen und einreichen. Für den mehrere Millionen Euro teuren Straßenbau wäre dies für Zivkovic nachvollziehbar, „weil es sich da um ganz andere Summen handelt“, bei Gehwegen jedoch nicht. Diese kosten in der Regel geringe fünf- bzw. sechsstellige Beträge. Und umso breiter, desto teurer.