Ukrainerin aus Mahlsdorf holt heute ihre Mama von der Grenze, fleht nun: Wer kann noch drei Landsleute aufnehmen?

In diesen Tagen stand in den vergangenen Jahren für die Mahlsdorferin Dina G. eines im Vordergrund: Fasching, Helau und Feierei. Seit drei Jahren lebt die Grundschullehrerin in unserem Ortsteil, vorher war die Faschings-Hochburg Mainz für 15 Jahre ihre Heimat. Dort lernte Dina ihren Mann kennen, ihre beiden Kinder sind echte „Meenzer“. Während jedoch in Rheinland-Pfalz derzeit die Narren (wenn auch mit angezogener Handbremse) unterwegs sind, ist bei Dina G. jede Fröhlichkeit verlorengegangen. Sie stammt aus der Ukraine, ihre Familie lebt noch dort. Jetzt hat die Mahlsdorferin einen dringenden Appell.

 

Doch von vorn: Am Montagmorgen macht sich Dina G. mit ihrem Mann auf in Richtung Polen. Acht Stunden wird sie in ihrem Auto sitzen, ihr Liebster steuert den Zweitwagen. Das Ziel ist die Zollkontrollstelle Jagodin an der polnisch-ukrainischen Staatsgrenze zwischen Dorohusk in Polen und dem ukrainischen Starowojtowe. Dort hat am Sonntag ihre Mama ihr Heimatland verlassen, befindet sich nun wie zehntausende Andere auf EU-Gebiet. „Wir wissen nicht, wo sie die Nacht verbringt. Das Handynetz ist okay, aber wir erreichen sie nicht immer“, so Dina G. am Sonntagabend gegenüber „Alles Mahlsdorf“. „Wir hoffen, dass sie ein wenig Ruhe findet.“ Am Montag aber wird sie ihre Mutter und ihre wenigen Habseligkeiten einsammeln und nach Mahlsdorf bringen. Auch eine Frau und ihr Kind, die das Auto mit ihrer Mama auf der Flucht zwei Tage lang aus Radomyschl (westlich von Kiew) durch die umkämpfte Ukraine steuerte, wird vorerst bei Dina G. unterkommen

 

„Eines ist aber klar“, so Dina G., „da wir mit zwei Fahrzeugen an der Grenze sind, werden wir nicht mit leeren Autos zurückfahren und weitere drei meiner Landleute mit nach Berlin in Sicherheit bringen.“ Deshalb fleht sie: „Wer kann diese Menschen zunächst bei sich unterbringen? Sie brauchen nicht viel. Ein warmes Zimmer, ein Bett, etwas zu essen. Und dann wird man weitersehen“. Ernsthafte Absichten und Angebote senden Sie, liebe Leserinnen und Leser, bitte per Mail an hallo@alles-mahlsdorf.de. Wir leiten diese umgehend an Dina G. weiter, die die Unterstützung koordiniert.

 

Wie es dann weitergeht, ist noch nicht klar. Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sollen nach den Worten von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) schnell und unbürokratisch in den EU-Staaten aufgenommen werden. Beim Treffen der EU-Innenminister am Donnerstag solle eine Regelung beschlossen werden, wonach in allen Mitgliedstaaten das gleiche Verfahren gelte, erklärte Faeser nach einem Sondertreffen der Minister am Sonntag. Flüchtlinge aus der Ukraine müssen demnach kein Asylverfahren durchlaufen und erhalten vorübergehenden Schutz in der EU für bis zu drei Jahre.

 

Mit der Rettung ihrer Mama ist es für die Mahlsdorferin aber nicht getan. Sie fürchtet weiter um die Zukunft ihrer Heimat und das Leben ihrer Familie. Ihre Schwester, mit der sie regelmäßig Kontakt hat, lebt in der 270.000-Einwohner-Stadt Schytomyr nahe der umkämpften Hauptstadt Kiew. Sie versteckt sich derzeit nach zahlreichen Luftalarmen in ihrem Keller, Dina G.‘s Neffe ist gar in wehrpflichtigem Alter. Er darf nicht ausreisen. Gut möglich aber, dass auch er bald zur Waffe greift und seine Heimat gegen die russischen Angreifer verteidigt. Im Herzen ist seine Tante aus Mahlsdorf dabei. Die große Weltpolitik ist in Mahlsdorf angekommen.

Zwei Grenzpfosten zwischen Polen und der Ukraine. Foto: Jiří Komárek, Polsko-Ukrajinská hranice v blízkosti Kremenca, CC BY-SA 4.0

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