Vor genau 80 Jahren wurde Walter Reissner aus Mahlsdorf nach Auschwitz deportiert

Als die Gestapo kam, um ihn zu holen, saß er gerade beim Mittagessen. Er soll seiner Nachbarin den Wohnungsschlüssel gegeben und gesagt haben, er käme bald zurück. Doch Walter Reissner kam nicht zurück. Heute auf den Tag genau ist es 80 Jahre her, dass der jüdische Maler und Bildhauer aus Mahlsdorf in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und später ermordet wurde.

 

Mit einem Stolperstein-Projekt hatten sich Schülerinnen und Schüler des Otto-Nagel-Gymnasiums vor 15 Jahren daran beteiligt, das Schicksal des jüdischen Künstlers aus der Vergessenheit zu reißen. Zum Abschluss ihrer Recherchen ließ der bekannte Aktionskünstler Gunter Demnig im Mai 2008 einen seiner mit einer Messingplatte besetzten Betonwürfel in den Gehweg ein. Die zehnmal zehn Zentimeter große Gedenktafel für Walter Reissner an dessen letztem Wohnort im Eichenhofweg 9 ist einer von 16 verlegten Stolpersteinen in Mahlsdorf.

 

Viel bekannt ist über das Leben und Werk des Malers und Bildhauers nicht. Walter Reissner wurde am 8. Februar 1879 in Berlin geboren. Er war der fünfte von sieben Brüdern. Seine Eltern, der Kaufmann Marcus Max Reissner und dessen zweite Ehefrau Dorothea, besaßen Anteile an der Tuchfabrik Reissner, Wohl & Co. in Guben. Im Ersten Weltkrieg wurde Reissner als Soldat schwer verwundet und verlor ein Bein. Nachbarn berichteten später von seiner patriotischen Einstellung, an der er auch noch festgehalten haben soll, als die Nazis anfingen, die Juden zu verfolgen.

 

Seit 1915 war Walter Reissner mit Antonia Hoppe verheiratet. Die Ehe blieb kinderlos. 1922 zog das Paar nach Mahlsdorf in ein villenartiges Haus in der Wiesenstraße 12 E, die 1939 in Eichenhofweg 9 umbenannt wurde. Dort ging er auch seiner Tätigkeit als bildender Künstler nach. Von Walter Reissners künstlerischem Wirken existieren, soweit bekannt, nur noch zwei Bilder: ein Selbstporträt und ein Landschaftsgemälde. Sie sind im Besitz von Nachfahren seines Bruders William, die in den USA leben.

 

Nach dem Tod seiner Frau Antonia im Jahr 1934 vermietete Walter Reissner die obere Etage seines Hauses an eine ältere, ebenfalls künstlerisch tätige Dame. Am 4. März 1943 holte ihn die Gestapo ab. Den halb gegessen Teller Suppe ließ er auf der Anrichte stehen. Er wurde mit weiteren Juden aus Mahlsdorf und Kaulsdorf nach Auschwitz deportiert und ermordet. Sein genaues Todesdatum ist nicht bekannt.

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