Im Wahlkampf-Endspurt in Mahlsdorf scheinen die Nerven blank zu liegen, nun werden offenbar die harten Bandagen ausgepackt. Und das sorgt für mächtig Wirbel. Doch von vorn: Am heutigen Dienstag feiert der Mahlsdorfer Wahlkreisabgeordnete Mario Czaja (CDU) seinen 46. Geburtstag, ist morgens trotz seiner Kandidatur für das Marzahn-Hellersdorfer Bundestagsmandat und dem damit verbundenen engen Konkurrenzkamp gegen Petra Pau von den Linken und Thomas Braun (AfD) bestens gelaunt – bis 12.31 Uhr. Da verschickt der „Tagesspiegel“ seinen einmal in der Woche erscheinenden Newsletter für Marzahn-Hellersdorfer an mehrere tausend Email-Adressen. Darin enthalten eine Werbeanzeige der SPD-Politikerin Luise Lehmann, welche bei der ebenfalls am Sonntag stattfindenden Abgeordnetenhauswahl das Direktmandat für den Wahlkreis Mahlsdorf/Kaulsdorf-Süd holen will, und ihres Vaters Jan Lehmann (tritt in Kaulsdorf-Nord und Hellersdorf für die SPD an). Unter den Konterfeis der beiden steht in roten Buchstaben der Spruch „Mario Czaja, Bundestagskandidat, wählt bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus Luise Lehmann und Jan Lehmann, SPD.“
Mario Czaja ist entsetzt. Zwar kontaktiert Jan Lehmann den CDU-Politiker per Whatsapp-Nachricht und entschuldigt sich, Czaja glaubt diese Version jedoch nicht. „Mit dieser offensichtlichen Wählertäuschung wird mit der guten Tradition gebrochen, anständig über die Parteigrenzen hinweg auch im Wahlkampf miteinander umzugehen. Es ist nicht mein Stil und es ist schon befremdlich, dass sich hier dieser unlauteren Methode bedient wird“, so Czaja gegenüber „Alles Mahlsdorf“. Obwohl es eigentlich klar sein dürfte, sieht er sich genötigt hervorzuheben, auf der Seite der gegen Luise und Jan Lehmann antretenden CDU-Kandidaten zu stehen. „Um es klar zu sagen: Ich unterstütze Alexander J. Herrmann und Katharina Günther-Wünsch bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus Berlin, damit sie dort die Interessen unserer Ortsteile vertreten.“ Luise und Jan Lehmann haben mittlerweile auf ihren Websites einen Entschuldigungsbeitrag verfasst. „In der Hektik der letzten Wahlkampfwoche ist durch ein Büroversehen die falsche Anzeige übermittelt und auch gedruckt worden.“ Man hätte Mario Czaja eigentlich zum Geburtstag gratulieren wollen. Nur eines vergaßen die beiden Lehmanns bei ihrer jeweiligen „Klarstellung“: richtigzustellen, dass Czaja nicht beabsichtigt, die SPD zu wählen.
Es ist nicht das erste Mal, dass Jan Lehmann und Mario Czaja öffentlich aneinandergeraten. Im vergangenen März berichtete das Recherchezentrum „Correcitv“ unter dem Titel „Seltsame Nachbarschaftshilfe“ („Alles Mahlsdorf“ berichtete). Im Artikel wurde unter anderem die Frage aufgeworfen, ob Czajas per Brief an zahlreiche Haushalte zugestelltes Hilfsangebot für Impftermine unlautere Wahlwerbung wäre. Lehmann griff die Berichterstattung auf und kontaktierte den Präsidenten des Abgeordnetenhauses und die Präsidentin des Landesrechnungshofes. In einer Pressemitteilung schrieb er mit (bewusst?) süffisantem Unterton: „Ich möchte gern wissen, wie ich jetzige Mandatsträger des Berliner Abgeordnetenhauses und Verordnete der Bezirksverordnetenversammlung um Hilfe bei meinem Wahlkampf bitten kann. Es wäre schön, wenn ich zum Beispiel die Arbeit des Bürgerbüros eines Abgeordneten für meine Aktionen nutzen könnte.“ Die Verwaltung des Abgeordnetenhauses entschied, dass es sich um eine noch zulässige mandatsbezogene Tätigkeit im Rahmen der bürgerorientierten Wahlkreisarbeit handelt.