Seit zehn Jahren wird über die Sanierung der Lemkestraße mal hitzig diskutiert, mal erbittert gestritten. Dabei ging es in der Vergangenheit vor allem um alte Bäume, das historische Kopfsteinpflaster, Parkplätze und Tempo 30. Aktuell fragen sich viele, warum es auf der Millionen-Baustelle nicht weitergeht. Erst einer von vier Bauabschnitten konnte Ende 2022 nach langem Vorlauf fertiggestellt werden. Danach verzögerten Arbeiten der Wasserbetriebe, Neuplanungen und Neuwahlen die Maßnahme. Wie es weitergehen soll, erfuhren Anwohner am Montagabend auf einer Open-Air-Informationsveranstaltung der CDU.
Knapp 40 Personen hatten sich am Pfarrhufenanger vor der Kreuzkirche eingefunden, um vom Bundestagsabgeordneten Mario Czaja, der Senatorin Katharina Günther-Wünsch und von Bezirksbürgermeisterin Nadja Zivkovic auf den aktuellen Stand gebracht zu werden. Es wurde ein kurzer Abriss zur Historie des Bauprojekts gegeben und auch noch einmal erinnert, wie viele Bezirksstadträtinnen und -stadträte bereits an dem Thema dran waren: Auf Christian Gräff und Johannes Martin folgten Nadja Zivkovic (alle CDU), Juliane Witt (Linke) und wieder Nadja Zivkovic. Hinsichtlich des fertiggestellten Abschnitts zwischen Linderhof- und Sudermannstraße bemerkte Katharina Günther-Wünsch, die in Mahlsdorf lebt und hier auch ihren Wahlkreis hat: „Ich war der Meinung, dass das eine vernünftige Lösung war. Es haben nicht alle in die Hände geklatscht, aber wir konnten einen Kompromiss finden.“ Auch Nadja Zivkovic erklärte, sie fahre gern auf dem sanierten Teil der Lemkestraße.
Die Idee vom Modellprojekt
„Nach dem ersten Bauabschnitt sollte noch einmal geschaut werden, ob das, was als Konsens gefunden wurde, auch den Vorstellungen entspricht“, so Günther-Wünsch. Zu diesem Zeitpunkt war die CDU aber nicht mehr am Hebel. Die im November 2021 gebildete Zählgemeinschaft aus SPD, Linken, Grünen, FDP und Tierschutzpartei machte Juliane Witt zur zuständigen Stadträtin und nahm sich gegen den Widerstand der CDU ein Modellprojekt vor. Die Lemkestraße sollte regendurchlässig, leise, schadstofffrei, rad- und busfreundlich sein und im Idealfall als Vorbild für weitere Sanierungen von Kopfsteinpflasterstraßen dienen. Das erforderte Umplanungen, die Extra-Geld verschlangen, neue Abstimmungen mit dem Senat nötig machten und auch Zeit kosteten. Als Baubeginn wurde das dritte Quartal 2023 avisiert.
Nach der Wiederholungswahl im Februar 2023 konnte die CDU das Straßen- und Grünflächenamt „zurückerobern“. Auf der Informationsveranstaltung am vergangenen Montag verkündete Mario Czaja nun: „An unseren ursprünglichen Plänen wird nichts geändert. Wir gehen zu den alten Planungen zurück, die damals vereinbart waren.“ Auch Katharina Günther-Wünsch erklärte: „Die Mittel sind da. Das, was wir als Planung hatten, ist wieder rausgeholt worden und wird umgesetzt, wie es mit Ihnen schon mal besprochen worden ist.“
Pflasterstreifen und größere Baumscheiben geplant
Bezirksbürgermeisterin Nadja Zivkovic, die das Straßen- und Grünflächenamt im Bezirk verantwortet, konnte diese Darstellung allerdings nicht bestätigen. Sie machte in ihren Ausführungen deutlich, dass sich die noch ausstehenden Bauabschnitte durchaus vom ersten unterscheiden werden. Ähnlich wie die Lübzer Straße erhält auch die Lemkestraße nun in der Mitte eine 3,50 Meter breite Asphaltdecke und an den Seiten je 1,50 Meter breite Pflasterstreifen. Es sollen größere Baumscheiben angelegt und in diesen Bereichen Gehwegvorstreckungen hergestellt werden. Da diese in die Straße hineinragen, könnten Autofahrer nicht mit Vollgas durch die Straße rasen. „Durch den Asphalt wird die Straße auch leiser“, so Zivkovic. Was bleibt, sei die ökologische Baubegleitung zum Erhalt möglichst vieler Bäume. Für gefällte Gehölze gebe es Nachpflanzungen.
Zu den vorgestellten Planungen hatte sich das Straßen- und Grünflächenamt bereits Ende 2022 unter anderem mit der „Bürgerinitiative zum Erhalt des Feldsteinpflasters in der Lemkestraße“ verständigt. Nicht umgesetzt werden könne die für das Modellprojekt gewünschte versickerungsfähige Fahrbahndecke, erläuterte die Bezirksbürgermeisterin. Grund sei der darunter befindliche Lehmboden: „Der lässt das Regenwasser nicht durch. Der Straßenbelag würde auf einer Wasserschicht schwimmen.“ Die Entwässerung werde durch die Berliner Wasserbetriebe hergestellt. Dafür könnten die bereits für den Austausch der Trinkwasserleitungen ausgehobenen und nur provisorisch zugeschütteten Gräben wieder aufgenommen werden.
Sanierungsbeginn spätestens 2024
Geplant ist, dass der Umbau der Lemkestraße zwischen Sudermannstraße und der Hausnummer 42 noch in diesem Jahr ausgeschrieben und an eine ausführende Firma vergeben wird. Baustart wäre dann spätestens Anfang 2024. „Der dritte und vierte Bauabschnitt schließen sich an. Das steht so auch in der Investitionsplanung“, ließ Nadja Zivkovic die Anwohner wissen. Für das komplette Vorhaben rechnet der Bezirk mit Baukosten in Höhe von über 6 Millionen Euro.
Einen dezidierten Zeitplan soll es in den kommenden Wochen geben, versprach Katharina Günther-Wünsch. Die Bürgermeisterin sagte zu, sie wolle noch die Frage zum Glasfaserausbau klären. „Es wäre natürlich clever, wenn das gleich im bevorstehenden Bauabschnitt mitgemacht wird“, andernfalls müssten die neuen Gehwege womöglich gleich wieder aufgerissen werden.