Mitten in Mahlsdorf, verborgen hinter Hecken und einem grünen Maschendrahtzaun, neben Kleingärten und unter jahrzehntelang gewachsenen Bäumen und Büschen liegt ein Stück weitgehend vergessene Geschichte: die Reste eines ehemaligen Luftschutzbunkers aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Wie aber geht es weiter mit dem Gelände an der Kieler Straße, auf dem die Überreste dieses Bauwerks liegen?
Wie das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf auf „Alles Mahlsdorf“-Anfrage mitteilt, wurde auf dem Areal in den Jahren 1941/42 im Rahmen des nationalsozialistischen Bunkerbauprogramms ein viergeschossiger Hochbunker vom Typ 1.200 errichtet. Diese Bunkertypen waren standardisierte Schutzbauten mit einer Grundfläche von etwa 40 × 40 Metern und boten bis zu 1.200 Personen Platz. Wer den Bau konkret in Auftrag gab, ist nicht mehr im Detail dokumentiert, doch der Bunkerbau jener Zeit erfolgte in der Regel im Auftrag des Reichsluftfahrtministeriums oder lokaler Behörden unter der Aufsicht der Reichsbauleitung. Nach Kriegsende wurde die Anlage 1946 gesprengt, die Ruine schließlich in den 1950er-Jahren abgetragen.
Heute erinnert äußerlich nur noch eine unregelmäßige Geländeerhebung von bis zu vier Metern Höhe an das ehemalige Bauwerk. Die Trümmer des Bunkers liegen vermutlich noch im Boden verborgen – Fundamente und Wandteile dürften sich, wie das Bezirksamt schreibt, weiterhin im Untergrund befinden. Auf der Fläche hat sich in den vergangenen Jahrzehnten ein dichter Baumbestand entwickelt.
Die Parzelle, auf der sich die Bunkerreste befinden, liegt an der Kieler Straße in der Nähe der Kleingartenanlage „Wacholderheide“. Sie wird derzeit durch den Bebauungsplan 10-49 geregelt, der bereits 2013 rechtskräftig wurde. Dieser sieht eine Nutzung als öffentliche Spielfläche sowie als Grünfläche mit der Zweckbestimmung „Private Dauerkleingärten“ vor. Doch genau das steht einer neuen Nutzung im Wege: Der neue Vorhabenträger, der die Fläche inzwischen erworben hat, plant gemeinsam mit der Handelskette Rewe den Bau eines großflächigen Lebensmittelmarktes, „Alles Mahlsdorf“ berichtete bereits 2021 und 2022 darüber. Die Pläne wurden bereits beim Stadtentwicklungsamt Marzahn-Hellersdorf vorgestellt und abgestimmt.
Da die aktuelle Planung nicht mit den bisherigen Festsetzungen des Bebauungsplans, in welchem etwa eine etwa 3.600 Quadratmeter große Fläche als öffentlicher Spielplatz vereinbar ist, wurde im Herbst 2024 ein neues Verfahren eingeleitet. Der Bebauungsplan 10-129, für den das Bezirksamt am 22. Oktober 2024 einen Aufstellungsbeschluss fasste, soll die planungsrechtlichen Voraussetzungen schaffen, um einen Supermarkt direkt an der Kieler Straße zu ermöglichen. Bevor die Fläche bebaut werden kann, müsste der alte Bunker rückgebaut werden. Zwar ist das Areal oberirdisch längst zugewachsen, doch im Untergrund befinden sich noch massive Betonteile, die vor einer neuen Nutzung entfernt werden müssen. „Es ist davon auszugehen, dass vor einer baulichen Nutzung der Fläche ein Rückbau der alten Bunkeranlage erforderlich sein wird“, so das Bezirksamt. Erst dann könnten Erschließung und Neubau beginnen.
Der geplante Supermarkt dürfte jedoch nicht unumstritten sein. Während Befürworter auf die verbesserte Nahversorgung und neue Arbeitsplätze verweisen könnten, dürften sich Anwohner und Kleingärtner um den Verlust von Grünflächen und das historische Erbe sorgen.