Freud und Leid für Mario Czaja: Erstes Mal Bundestag, dafür mächtig Ärger im Bezirk

Die Stimmung des langjährigen Mahlsdorfer Wahlkreisabgeordneten Mario Czaja schwankt spürbar zwischen (Vor)-Freude und Wut im Bauch. Während er als Bundestagsabgeordneter am Dienstag erstmals endgültig die große politische Bühne betritt, läuft es für ihn als Kreisvorsitzenden der CDU in Marzahn-Hellersdorf weniger gut. Vorsichtig ausgedrückt. Denn im Bezirk rappelt es gerade kräftig.

 

Doch von vorn: Nach 22 Jahren Einsatz für Mahlsdorf im Berliner Abgeordnetenhaus schnappte Czaja Ende September Dauersiegerin Petra Pau in Marzahn-Hellersdorf das Direktmandat für den Bundestag weg. Und dort will der 46-Jährige nun durchstarten. Am heutigen Dienstag, dem 26. Oktober, findet im Reichstag die konstituierende und damit erste Sitzung des 20. Bundestages statt. Los geht’s für Mario Czaja und 735 weitere Abgeordnete 11 Uhr. „Es wird eine ganze erhabene Situation sein. In diesem Saal mit dem riesigen Bundesadler zu sitzen und zu wissen, dass man in den kommenden vier Jahren die Geschicke der Bundesrepublik mitbestimmt, ist etwas ganz Besonders“, so Czaja gegenüber „Alles Mahlsdorf“. Und weiter: „Die alten Hasen in meiner Fraktion haben mir geraten, diese besondere Ereignis der ersten Sitzung zu genießen und die Stimmung einzuatmen, aufzunehmen und zu verinnerlichen.“

 

Vorher muss Czaja jedoch der Parlamentsärztin seinen Impf-Nachweis zeugen. Danach gibt es ein schwarz-rot-goldenes Bändchen für den Zutritt. Nach Feststellung der Beschlussfähigkeit werden der Parlamentspräsident sowie die Stellvertreter und Schriftführer gewählt. Als Nachfolgerin Wolfgang Schäubles soll die SPD-Abgeordnete Bärbel Bas zur Bundestagspräsidentin gewählt werden. Da die CDU aufgrund der zahlreichen Wahlverluste auch Abgeordnetenbüros abgeben muss, muss sich Mario Czaja derzeit mit einer Übergangslösung begnügen, immerhin hat er schon eine Büroleiterin gefunden. In der kommenden Legislaturperiode bewirbt sich Czaja zudem für den Gesundheits-  und den Haushaltsausschuss, anschließend gibt es Gespräche mit der Gruppe der ostdeutschen CDU-Abgeordneten sowie der Gruppe der Vertriebenen, Aussiedler und deutschen Minderheiten. Am Abend veranstaltet Mario Czaja für Interessierte einen Kennenlernabend im Wahlkreisbüro in der Hönower Straße, ein weiteres soll künftig in Marzahn entstehen. Die Frage nach der Kleidung für die erste Bundestags-Sitzung beantwortet Czaja lachend: „Da bin ich ganz konservativ. Die Farbe des Anzugs ist egal, Hauptsache blau.“

 

Soweit zum für Mario Czaja angenehmen Teil, das Lachen vergeht dem 46-Jährigen beim Gedanken an Marzahn-Hellersdorf. Denn dort, in der politischen Heimat, lauert das Ärgernis. Zwar holte „seine“ CDU bei der BVV-Wahl einen nicht unerheblichen Zugewinn von 3,5 Prozentpunkten und wurde knapp stärkste Kraft, Freude darüber will sich jedoch nicht einstellen. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass Bezirkswahlsiegerin Nadja Zivkovic das Bürgermeisteramt ergattern kann geht gegen Null – und auch die Chancen auf weitere attraktive Posten im Bezirk schwinden. Und das macht Mario Czaja merklich fuchsig. „Eine solche Situation gab es in den vergangenen 30 Jahren nicht. Bislang standen pragmatische Lösungen im Vordergrund, nicht ideologische. Die Mehrheitsverhältnisse werden nicht dargestellt, das ist undemokratisch.“

 

Was er meint: Nach den Wahlen zur Bezirksverordnetenversammlung haben die SPD, die Linke und die Grünen Gespräche über die Bildung einer Zählgemeinschaft (ähnlich einer Koalition) begonnen. Auch die  Tierschutzpartei und die FDP wurden eingeladen. Man will so ein „fortschrittliches Bündnis für soziale Gerechtigkeit und ökologische Verantwortung“ schaffen. Mit der CDU gab es keine Gespräche. Das Amt des Bezirksbürgermeisters wird wohl an Gordon Lemm von der SPD gehen, das des BVV-Vorsteher an Steffen Ostehr von den Linken. Die Grünen bekämen den Sitz des stellvertretenden BVV-Vorstehers. Und die CDU? Die ginge, trotz Wahlerfolgen, leer aus. „Nun wird unsere Partei, die bei den Wahlen auf allen drei Ebenen klar gesiegt hat – mit dem Direktmandat für den Bundestag, drei gewonnenen Abgeordnetenhauswahlkreisen und als stärkste Kraft im Bezirksparlament – von linken Ideologen ausgegrenzt und an ihrem klaren Gestaltungsauftrag gehindert werden. Das ist eine rein ideologisch geprägte Missachtung der zigtausenden Wähler, die die CDU in Marzahn-Hellersdorf in Verantwortung sehen wollen“, so Mario Czaja und der neue CDU-Fraktionschef Johannes Martin in einer gemeinsamen Pressemitteilung.

 

Abgesehen von der Rollenverteilung in der BVV könnte die CDU auch bei der Verteilung der Stadtrat-Ämter den Kürzeren ziehen. Zwar dürfen nach der Stimmverteilung CDU und SPD zwei Stadträte, Linke und AfD je einen stellen, bei den wichtigen könnten die Christdemokraten jedoch außen vor bleiben. Kristian Ronneburg, Vorsitzender der Marzahn-Hellersdorfer Linken, verkündete bereits selbstbewusst in Richtung Ressortverteilung: „Mit Juliane Witt als Bezirksstadträtin werden wir den Fokus auf eine ökologische Stadtentwicklung setzen, die Neubau ermöglicht, aber Grünanlagen und den Charakter des Bezirks erhält“.

 

Die beiden CDU-Politiker Czaja und Martin vermuten hinter den Plänen auf Bezirksebene einen größeren landespolitischen Plan. „Wir sind schockiert über so viel politische Unvernunft und Borniertheit seitens der örtlichen SPD und der Linken. Es ist offensichtlich, dass in den Hinterzimmern des Roten Rathauses dieser Deal mit vereinbart wurde, um die Linkskoalition im Land zu installieren und Projekte wie die in der Innenstadt erdachte Enteignungspolitik und Verkehrswende auch am Stadtrand durchzudrücken.“

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