Rechtsextremismus-Vorwürfe, Kontakte zu Holocaustleugnern, weder Hygiene- noch Hortkonzept, Beobachtung durch den Verfassungsschutz, Kopfschütteln über den angeblich diktatorischen Führungsstil der Leitung – die freie Schule in der Mahlsdorfer Elsenstraße hat (hausgemachte) schwere Zeiten hinter sich. Noch bangt sie um die Zulassung. Aufgedeckt hat den Skandal um die Mahlsdorfer Schule André B., der sich zunächst mit einem Brandbrief an die Senatsverwaltung für Bildung wendete und anschließend zu den Vorgängen in einem Film des WDR äußerte. Mit weitreichenden Konsequenzen.
„Die Repressalien nach meinem ersten Brief waren enorm“, so B. gegenüber „Alles Mahlsdorf“ nach unserem Artikel vor wenigen Tagen über den aktuellen Stand des Überprüfungsverfahrens der Schulaufsicht. B. selbst wirkt mitgenommen, sagt: „Ich bin nach zwei Jahren intensiven Aufbegehren fertig mit diesem Thema“. Im Januar 2020 hatte er den Stein mit einem 17-seitigen Schreiben an die Schulaufsicht den Skandal ins Rollen gebracht. Heute sagt er weiter: „Ein langjähriger aufopferungsvoller Kampf mit Behörden, Anwälten, unaufrichtigen Lehrer:innen sowie Eltern einer eingeschworenen Sekten-Gemeinschaft, den ich so, aus diesen negativen Erfahrungen nicht wieder führen würde und könnte. Was geblieben ist, ist die Unsicherheit, Enttäuschung und tausende privat gezahlte Euros für die anwaltliche Hilfestellung.“
André B. sandte nun einen „Erfahrungs- und Abschlussbericht“ an Schulbehörden und Politiker:innen. Darin lässt er kein gutes Haar an der Aufarbeitung. Vor allem kritisiert er die seiner Meinung nach nur zögerliche Aufklärung der Schulaufsicht. Er wirft dieser vor, nicht sofort nach seinem ersten Schreiben aus 2020 angemessen reagiert zu haben und die Schule nur oberflächlich kontrolliert zu haben. Die Senatsverwaltung für Bildung konnte nach eigener Auskunft „keine Tatsachen feststellen, die die formale Einleitung eines Verfahrens zum Entzug der Genehmigung nach sich gezogen hätten.“ B. kann darüber auch heute noch nur den Kopf schütteln, berichtet gegenüber „Alles Mahlsdorf“ von zum Teil gravierenden Schulverstößen, die so angeblich jahrelang geduldet und unter den Augen von Lehrpersonal stattgefunden haben sollen. Da sie nicht gerichtsfest beweisbar sind, können sie hier nicht detailliert aufgeführt werden.
Erst nach der Ausstrahlung des WDR-Films „Wenn Rechtsextremisten freie Schulen unterwandern“ ein Jahr nach B.’s Brandbrief wurde die Schule erneut geprüft. André B. sagt heute: „Zusammenfassend kann man sagen, dass viele bekannte Fakten erst „nochmals anders“ durch die Senatsverantwortlichen bearbeitet worden sind, nach Ausstrahlung sowie durch medienwirksame Interventionen und Reaktionen von einigen ehrlichen politischen Würdenträgern, die diese nochmalige Bearbeitung vorangetrieben haben.“
In die gleiche Kerbe wie B. jetzt schlägt auch Susanne Zittlau. Sie nach dem Rücktritt der „alten“ Schulleitung für zwei Monate Geschäftsführerin des Trägervereins der Schule, zuvor Gesamtelternsprecherin. Zunächst hatte sie die Schule nach außen verteidigt – nach eigener Angabe fing dieses Bild jedoch mit der Möglichkeit der Akteneinsicht an zu „bröckeln“. „Nach langen Versuchen des Herausredens wurde deutlich, dass hier wirklich eine große Täuschung stattfand“, so Zittlau. Auch sie stellt sich heute nach Bekanntwerden der Fakten die Frage, warum man von Behördenseite die Anschuldigungen nicht ernst nahm und diese offenbar nicht genau genug überprüft wurde. „Wie kann man mit solch schweren Anschuldigungen so salopp umgehen?“, fragt sie.
Susanne Zittlau ist nach wie vor überzeugt von den Konzepten der freien Schulen. Daher „ist es umso wichtiger, dass diesen Projekten nicht eine Schule mit solch katastrophalen Umständen der Ruf ruiniert wird“. Ob die „Freigeist Schule“, so heißt die Mahlsdorfer Schule in der Elsenstraße mittlerweile weiter bestehen darf, ist noch nicht klar. Die Schulaufsicht überprüft derzeit die Mängelbeseitigung der vergangenen Jahre und ob die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Genehmigung und der staatlichen Anerkennung vorliegen.